Exot im Ostallgäu, der Braune Sichler

Resigniert hatte ich mich damit abgefunden, dass ich dieses Jahr wegen Corona in der Kreisgruppe Ostallgäu keine einzige Vogelführung ausrichten konnte. Neugierig gemacht durch die Meldungen anderer Vogelbeobachter auf Ornitho.de machte ich mich mit Null Hoffnung auf den Weg Richtung Jengen. Nach ewig langer Sucherei in dem bekannten Hotspot und dem Aufziehen einer Nebelwand wollte ich enttäuscht mein Equipment wieder einpacken, entdeckte ihn aber plötzlich inmitten hunderter Graugänse. Es gelangen mir gerade noch ein paar wenige Bilder, da war er wie ein Spuk im Nebel verschwunden.

Nun war ich mutig und lud nach einer Woche Pause Vogelfreunde zu einer Privatführung ein. Etwas leichtsinnig mit dem Thema "Brauner Sichler". Und wieder hatte ich Glück. Ohne lange Suche konnten wir ihn wieder inmitten der Graugänse bewundern. Dem zufällig anwesenden "Orni" W. Jennert gelang das beigefügte Bild des Sichlers.

Ein paar kurze Worte zum Sichler: Dass sich dieser mit dem Heiligen Ibis verwandte Vogel zu uns verirrt, ist extrem selten. Sein Brutgebiet liegt in Süd-Ost Europa. Der Braune Sichler gehört den Familien der Ibisse und Löffler an. Er geht aber mit seiner Verwandtschaft, den Löfflern, überhaupt nicht familiär um. Benötigt er ein Nest, treibt er oft die jungen Löffler ohne Rücksicht auf Verluste mit seinem spitzen Schnabel aus dem Nest. Dass die jungen Löffler diese Nestbesetzung meist mit dem Leben bezahlen, scheint den Sichler nicht zu beeindrucken. Sehenswert ist die Gefiederverfärbung in der Brutzeit. Verfärbt sich doch das Rückengefieder in das komplette Spektrum des Regenbogens. Ein wahres Prachtkleid.

 

Peter Griegel

The Twelve Days of Christmas

 

“Die Zwölf Weihnachtstage” ist ein traditionelles Weihnachtslied in Form eines Kinderreims, der erstmals 1780 in einem englischen Kinderbuch veröffentlicht wurde. Hier die zweite Strophe:
On the second day of Christmas, my true love sent to me
Two turtle doves, and a partridge in a pear tree.

Das Lied zählt heute zu den bekanntesten englischsprachigen Weihnachtsliedern. (Wikipedia)

Darin kommen mehrere Vogelarten, u.a. Rebhuhn und Turteltaube vor, zwei Vogelarten, die früher in Europa weit verbreitet waren und somit oft auf dem Esstisch landeten. Inzwischen stehen beide Arten in Deutschland unter Schutz, d.h. sie genießen ganzjährige Schonzeit bei den Jägern.

Namentlich kannte ich die Turteltaube von meiner Kindheit durch das Weihnachtlied, später bildlich von der Vogelliteratur. Gesehen hatte ich keine einzige Turteltaube bis zum 23. April 2020. An diesem Abend radelte ich auf einem Feldweg vom Moos nach Apfeltrang, als ein Traktor in einen Fahrsilo einbog und futtersuchende Dohlen erschreckte, unter ihnen eine Turteltaube! Sie flog kurz auf, landete direkt neben mir, dann suchte sie das Weite. Klar, der Landwirt und sein kleiner Sohn hatten die Taube bemerkt. Ich klärte sie auf: Turteltaube, Vogel des Jahres 2020! Toller Vogel, toller Abend!

Nicht alle Europäer schätzen die Turteltaube außerhalb der Küche. Hobbyjäger in vielen südeuropäischen Ländern freuen sich auf den Herbstzug, wenn die Himmelsernte ansteht. Trotz Verbot wird laufend geballert und die erlegten Vögel eingesammelt oder eben nicht. Es geht um Spaß haben mit der Schrotflinte, nicht um Hungersnot. Seit Jahrzehnten reisen Vogelschützer von Mittel- und Nordeuropa zu den Tatorten, um den Wilderern ihr Handwerk zu legen. Wohlbemerkt, eine nicht ungefährliche Aufgabe, da Flinten und Machismos stets im Spiel sind. Wer meinte, die EU schafft diesen Unsinn ab, irrt sich. Die EU-Strategie, einen Malteser als Kommissar für Umwelt (2014-2019) zu benennen, beendet den illegalen Vogelabschuss weder auf seinen Inseln, noch woanders.

Obwohl das Mediterran-Taubenschießen in sich eine große Tragik bedeutet, spielt es nicht die entscheidende Rolle im allgemeinen Vogelschwund, egal ob Ortolan, Taube oder Rebhuhn (stehen alle irgendwo auf Speisekarten). Es sind die industrialisierten Landwirtschaftspraxen, die das Beseitigen von geeigneten Biotopen und verlässlichen Nahrungsquellen vorantreiben und damit unsere Tierwelt vernichten. Solange diesbezüglich Verneinung herrscht, leidet die Natur weiter.

 

Immer genau auf den Teller schauen!  Frohe Weihnachten!

Colin MacKenzie